Das Leben unserer Vorfahren

Mancher Schicksalsschlag und die Lebensregel: “Erst de Hoff un denn de Bur” hat oft genug dafür gesorgt, daß sich unsere Ahnen nicht immer auf einem Hofe behaupten konnten oder aber der Name Dehning gar nicht erst in Erscheinung getreten ist, denn es war offenbar so, daß „man“ (nämlich die anderen) den Hof mit einem bestimmten Namen bezeichneten.

Nach den damaligen Rechtsverhältnissen gab es nur zwei Möglichkeiten der Hofübernahme:

 

1. Entweder der Hof war ein herrschaftlicher Vollhof. In diesem Falle war der Herzog in Celle der Grundherr (später die Königliche Cammer in Hannover). Aus dem Ertrag des Hofes mußten nicht nur die jährlichen “Praestanda” (Steuern) aufgebracht werden, sondern der Bewirtschafter eines solchen Lehens mußte in der Regel auch oft genug Tagen mit dem “Spann” (Pferdegespann) dienen, wenn er dazu aufgefordert wurde. Er hatte sozusagen an jedem Arbeitstag des Jahres Bereitschaftsdienst. Auch war der Hof nur fast ein freies Eigentum; denn der Bauer hatte immerhin noch einen Gutsherrn vor sich. Diese Vertrauensperson hatte - als verlängerter Arm der Herrschaft - das Besetzungsrecht. An diesen Beauftragten mußte ein einmaliges Weinkaufgeld abgeführt werden wenn ein neuer Bewirtschafter den Hof übernahm - aber auch wenn der Gutsherr wechselte (wie im "Meyerbrief" nachzulesen ist, betrug es im Jahre 1822 ganze 5 Taler). Der Vollhof konnte nur nach Lehnsrecht vererbt werden was bedeutete, daß nur männliche Nachkommen das Erbe antreten konnten. Dadurch war dann aber auch die durchgehende Namensgebung garantiert.

2. Nicht ganz so streng war die andere Hofübernahme geregelt. Nach dem (längst aufgehobenen) Meierrecht erbte der älteste Sohn den Hof. Es konnte aber auch in Notfällen die älteste Tochter in dieses Recht eingesetzt werden oder, zur Überbrückung der Erbfolge, ein Interimswirt. In solchen Fällen kam mit dem Einheiratenden ein anderes Geschlecht auf den Hof. Grund und Boden war nicht Eigentum des Hofbesitzers, sondern nur das lebende und tote Inventar, “Allodium” genannt. Zum Eigenbesitz gehörten also Vieh und Hausrat, kurz alles bewegliche Habe; aber auch Gebäude und etwas eigenes Holz konnten dabei sein.

Man würde heute das Meierrecht eher mit dem Pachtrecht vergleichen. Die meistens in den Ehestiftungen vor dem Gericht getroffenen Abmachungen für die Wechselfälle des Lebens waren daher nicht immer einfach. Was alles dabei bedacht werden mußte, ist in unseren Urkunden zu den Ehestiftungen und den Hofübergaben nachzulesen.

Bemerkenswerter Weise zieht sich dieses Bedürfnis zur Regelung der „Hinterlassenschaften“ durch Urkunden noch bis Ende des 19. Jhd. hin. Wie man in der Urkundenübersicht ablesen kann, reichen aber nur 5 Stiftungstermine über das Jahr 1833 hinaus. In die nur sieben Jahre währenden Regentenzeit von König Wilhelm IV. von Hannover (1765-1837) fiel ein Ereignis, das man „Bauernbefreiung“ nennt. Angestoßen durch die französische Revolution (1789-1799) wurde mit dem Ziel, das Lehnswesen auf den gutsherrlichen Höfen abzuschaffen, mit der Ablösungsordnung vom 23. Juli 1833 dem Bauern als Lehensmann die Möglichkeit eingeräumt, sich „freizukaufen“. Nach der Antragstellung beim Amtsvogt wurden die jährlichen Leistungen in Form von Diensten und Naturalien aufgerechnet und mußten mit dem 25-fachen Betrag abgelöst werden. Der Übergang des Hofses an den neuen Besitzer (sog. Heimfall) mußte noch mit ½ % der Ablösesumme bezahlt werden.

Was geschah aber mit denjenigen, die nicht als Hoferben infrage kamen?

Man konnte beim Bauern als Knecht dienen oder als “Häusling” arbeiten und sparen, bis vielleicht das Geld für ein Stück Land mit einem Haus für ein “eigenes Dach über dem Kopf” zusammen war um sein Leben als Abbauer auf eigener Scholle mit gepachtetem Land fortzusetzen. Dazu mußte aber jemand gefunden werden der bereit war, Grund und Boden herzugeben. Die bereits erwähnte Verpflichtung nach dem Motto “Erst der Hof und dann der Bauer” richtete selbst unter Brüdern eine Hürde auf.

Es gab wohl die Möglichkeit, in den großen Forsten der Umgebung seinen Lebensunterhalt als Waldarbeiter oder als Säger zu verdienen. Zwischen Mitte des 14. Jh. (1354 tegheden op dem solte) und 1862 wurde in dem Nachbarort Sülze, zwischenzeitlich von 1723 -1793/94 ganz in der Nähe im Scheuer Bruch (Altensalzkoth) eine Saline betrieben. Bis durch Schaufelrmühlen der Handbetrieb ersetzt wurde, mußte im Gradierwerk die Sole mit Schaufeln über die Dornen gegossen werden. Diese Arbeit war etwas für Sieder und Sölter (Salzfahrer), die zupacken konnten. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts sind dann auch nebenberufliche Schneidermeister, Drechsler und Böttcher in unserer Ahnengalerie zu finden. Immen (Bienen) waren zwar eine willkommene Einnahmequelle; Honig fand daher in den Ehestiftungen auch eine gewisse Beachtung. Von dem Ertrag aus der Imkerei als einzige Einnahmequelle konnten jedoch nur die Allerwenigsten leben. Um sich im Rahmen der damals gebotenen Unterordnung überhaupt eine gewisse Selbständigkeit zu verschaffen, gab es tatsächlich nur eine einzige achtbare Möglichkeit: Schäfer, wenn sie im Jahresverlauf meistens weitab in der Heide mit den Schafen und Heidschnucken unterwegs waren, konnten von dem Besitzer der Herde - meistens größere Bauern - nicht ständig beaufsichtigt werden. Wo sich aber das Ergebnis nur am Wohlergehen und Wachstum der Herde ablesen läßt, da tritt zur Verantwortung auch eine gewisse Selbständigkeit. Das war vermutlich ein Grund dafür, daß aus allen Generationen unserer Vorfahren, die als Zweitgeborener den väterlichen Hof nicht übernehmen konnten, angesehene Schäfer und geachtete Leute wurden.Aus den beiden größeren Stämmen ist oft durch Verzweigung an anderen Orten eine neue Linie entstanden. Es gab auch Auswanderungen, die den amerikanischen Zweig in den USA begründet haben. Auch sind mutige Verwandte dem Ruf der evangelischen “ Mission”, die 1849 in dem Heideort Hermannsburg gegründet wurde, in größerer Zahl als Handwerksmeister, Lehrer oder Missionar nach Südafrika gefolgt. Die Anzahl der genutzten Möglichkeiten zur Auswanderung läßt aber den Schluß zu, daß die Dehning-Leute in der Regel doch sehr "heimatverbunden" waren. Unsere Vorfahren haben wohl entweder ihre Äcker und Wiesen bestellt und ihr Vieh versorgt oder sie sind mit der Herde ihres Auftraggebers und dem Anteil der eigenen Schafe durch die Heide gezogen. Dabei ging die Wanderung in aller Frühe los und am Ende des Tages standen die Tore des nächsten Schafkovens sperrangelweit offen um die müde Herde aufzunehmen. Durch eine ausgeklügelte Verteilung der Schafställe über die Heideflächen war die Sicherheit der Herde in der Nacht garantiert. Wenn alles gut ging, kamen der Schäfer und seine Hütehunde dann ebenfalls zur Ruhe. Aber die Abrichtung der Hirtenhunde, die Betätigung als Tiersanitäter und das Vorhersehen des Wetters gehörte zum Tagewerk dazu so, wie das Stricken von Socken aus grober Schurwolle und eine anständige Portion „Gottvertrauen“.

IMPRESSUM

Edition:

Fritz Dehning, Bonn

E-Mail:

fritz.dehning@netcologne.de

 

Beratung:

Marcus Dehning

E-Mail: 

dehning@brueserberg.de

Aus dem Inhalt:

 

  Die

Lüneburger Heide,

das Land der Ahnen


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   Über die

Obrigkeiten

und die

Existenz-

grundlagen

 

*

  

  Das Leben

unserer Vorfahren

 

*


Der gemeinsame

Name

 

*

 

  Hofgeschichten

 

Soll und Haben

auf Wehsen Hoff

 

Rechte und Pflichten

auf Westerendshoff

 

Freud' und Leid

auf dem Reinkenhof

 

*


Een

Sommerdag

bi een Burn,

eine plattdeutsche

Leseprobe

 

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Die Bilaad

und ihre Dokumente

 

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Finale